Eingangsdaten

Die Eingangsdaten stammen größtenteils vom European Network of Transmission System Operators for Electricity – kurz ENTSO-E. Durch die EU-Richtlinie 543/2013 sind die Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB) in den Staaten der Europäischen Union aufgefordert, einsichtsreiche Daten über Stromerzeugung, -handel, -bilanzierung, -übertragung, und -verbrauch in ihrer jeweiligen Netzzone zu sammeln und zu veröffentlichen. Diese Daten werden an die ENTSO-E weitergegeben, die diese seit 2015 zentral auf einer Transparenzplattform [1] veröffentlicht. Die ENTSO-E TP stellt auch Daten für einige Staaten außerhalb der EU zur Verfügung, unter Anderem für die Schweiz, Norwegen, Moldawien, und einige Balkanstaaten.

Seit dem Brexit stellt die ENTSO-E keine Daten für Großbritannien mehr zur Verfügung. Stattdessen rufen wir Daten für Großbritannien direkt vom dortigen ÜNB ab, National Grid ESO [2], mit der Ausnahme von Nahe-Echtzeit-Lastdaten, welche wir gegenwärtig vom Elexon BMRS [3] erhalten. Zu diesen Daten werden die Erzeugungs- und Lastdaten für Nordirland addiert, welche wir von EirGrid [4] beziehen.

Ein weiterer Sonderfall stellt die Republik Irland dar. Diese ist zwar Teil der EU, aber dennoch sind die Daten, die die ENTSO-E zur Verfügung stellt, sehr lückenhaft. Unglücklicherweise existiert keine alternative Datenquelle für die Stromerzeugung nach Erzeugungsart. Folglich müssen wir mit den Lücken leben. Um die Datenqualität zu erhöhen, beziehen wir allerdings die Lastdaten für Irland von EirGrid [4].

Die letzte Ausnahme bezüglich Erzeugungs- und Lastdaten stellt die Türkei dar, für welche wir Daten vom dortigen ÜNB, EPİAŞ [5], erhalten.

Alle Stromübertragungsdaten beziehen wir von der ENTSO-E TP [1], mit der Ausnahme der Verbindung zwischen Großbritannien und Irland, für welche wir Daten von EirGrid [4] beziehen.

Bilanzierung von Erzeugung, Last und Flüssen

Aus diversen Gründen sind die gemeldeten Daten über die Stromerzeugung, den Verbrauch und die interregionalen Stromflüsse in der Regel nicht ausgeglichen, d.h., sie erfüllen den physikalischen Energieerhaltungssatz nicht. Um die (wahrscheinliche) Herkunft einer verbrauchten Strommenge zu bestimmen, ist jedoch ein ausgeglichenes Netz aus Erzeugung, Übertragung und Verbrauch erforderlich. Um dieses zu erhalten, müssen die von den ÜNB abgerufenen Daten vorverarbeitet werden, um die (meist) geringen Abweichungen zwischen Erzeugung, Verbrauch und interregionalen Flüssen für jede betrachtete Region auszugleichen. Dies wird mit dem in [6] entwickelten Bilanzierungsansatz erreicht.

Angenommen, wir haben den Stromverbrauch \(C_r(t)\) und die Stromerzeugung \(G_r^\tau(t)\) (je Erzeugungstyp \(\tau\)) für eine Region \(r\) zum Zeitpunkt \(t\) erfasst, zusammen mit den positiven Flüssen \(F_{r_1\rightarrow r_2}(t)\) von jeder Region \(r_1\) zu jeder anderen Region \(r_2\neq r_1\). Dann würde die Energieerhaltung für jede Region \(r\) und Zeit \(t\) fordern, dass

$$\sum_\tau G_r^\tau(t)-C_r(t)+\sum_{r_2\neq r}\left(F_{r_2\rightarrow r}(t)-F_{r\rightarrow r_2}(t)\right)=0.$$

Im Allgemeinen wird dies jedoch nicht erfüllt sein. Stattdessen versuchen wir, die Energieerhaltung in einer leicht veränderten Form zu erfüllen, wobei wir zulassen, dass jedes Datum durch einen additiven/subtraktiven Korrekturterm \(\delta\) verändert wird. Die angepasste Erhaltungsgleichung lautet

$$\sum_\tau\left(G_r^\tau+\delta_r^{G\tau}\right)-\left(C_r+\delta_r^C\right)+\sum_{r_2\neq r}\left(\tilde{F}_{r_2\rightarrow r}+\delta_{r_2\rightarrow r}^F\right)=0,$$

wobei \(\tilde{F}_{r_2\rightarrow r}=F_{r_2\rightarrow r}-F_{r\rightarrow r_2}\). Um sicherzustellen, dass die Korrekturen nur geringfügig sind, erhalten wir sie als Lösung eines quadratischen Minimierungsproblems,

$$\min\left\{\sum_r\left(\sum_\tau w_G(G_r^\tau)\left(\delta_r^{G\tau}\right)^2+w_C(C_r)\left(\delta_r^C\right)^2\right)+\sum_{(r_1,r_2)}w_F(|\tilde{F}_{r_1\rightarrow r_2}|)\left(\delta_{r_1\rightarrow r_2}^F\right)^2\right\},$$

wobei die Gewichtungsfunktionen wie folgt gewählt werden

$$w_i(x)=A_i\cdot\frac{x_0}{\max\{x_\mathrm{min},x\}}.$$

Nach [6] wählen wir \(x_0=10\,000\,\mathrm{MW}\) und \(x_\mathrm{min}=100\,\mathrm{MW}\). Um die verschiedenen Gewichtungskonstanten \(A_i\) für Erzeugung, Verbrauch und Stromflüsse festzulegen, schauen wir uns an, wie die jeweiligen Werte gemessen werden. Am einfachsten zu bestimmen sind vermutlich die interregionalen Stromflüsse, welche direkt von den ÜNB an den Grenzkuppelstellen als Strom- oder Leistungsmessungen erfasst werden. Wir vertrauen diesen Werten daher am meisten und verwenden eine hohe Gewichtungskonstante von \(A_F=100\), um die Korrekturen so gering wie möglich zu halten.

Erzeugungs- und Lastdaten hingegen sind in der Regel die Summe mehrerer unabhängiger Messungen, kombiniert mit Strommarktergebnissen und vermutlich auch Schätzungen/Modellierungsergebnissen, insbesondere für Solar- und Windenergie. Beide enthalten daher viele potentielle Fehlerquellen, was die Entscheidung erschwert, welchem der Werte man mehr vertrauen sollte. Um eine Entscheidung zu treffen, werfen wir einen Blick auf die zu erwartenden Ergebnisse. Würden wir den Lastdaten mehr Vertrauen schenken, würde dies zu größeren Korrekturen bei den Erzeugungsdaten führen. Dieser Ansatz führt jedoch eine weitere Fehlerquelle ein, da unklar ist, wie die großen Korrekturen in den Erzeugungsdaten auf die verschiedenen Erzeugungsarten verteilt werden sollen. Eine einheitliche relative Verteilung der Korrekturen würde nicht berücksichtigen, dass die Daten für verschiedene Erzeugungstypen von sehr unterschiedlicher Qualität sein können. Daher haben wir uns entschieden, \(A_G=10\) und \(A_C=1\) für die EnergieTakt Karte zu verwenden und damit mehr Vertrauen in die Erzeugungsdaten zu geben. Dies führt zu größeren Korrekturen bei der Last, die aber außer der zahlenmäßigen Veränderung der Lastdaten keinen zusätzlichen Fehler beitragen.

Neben der Energieerhaltung in jeder Region fordern wir, dass das Ergebnis der Minimierung auch bestimmte zusätzliche Kriterien erfüllt. Dazu gehört, dass Erzeugung und Last nicht negativ sein dürfen, mit Ausnahme der Erzeugung aus Pumpspeicherkraftwerken, bei denen negative Werte eine Speicheraufladung anzeigen. Darüber hinaus setzen wir fest, dass eine Erzeugungsart, deren Erzeugung als Null gemeldet wurde, auch beim Wert Null bleibt. Und schließlich setzen wir die Bedingung, dass die interregionalen Stromflüsse unter der jeweiligen Übertragungskapazität liegen müssen, wobei wir dies derzeit nur für große HGÜ-Verbindungsleitungen umgesetzt haben, bei denen die Nennkapazität öffentlich bekannt ist, z. B. aus Pressemitteilungen. Um genau zu sein, stellt diese Anforderung aber ohnehin keine große Einschränkung dar, da wir durch den hohen Gewichtungsfaktor, \(A_F=100\), große Korrekturen der Stromflüsse bereits verhindern.

Flow Tracing

Sobald wir einen ausgeglichenes Satz von Erzeugungs-, Verbrauchs- und interregionalen Stromflussdaten erhalten haben, können wir die (wahrscheinliche) Herkunft einer verbrauchten Strommenge zurückverfolgen. Dieser sogenannte Flow-Tracing-Prozess erfordert einige Annahmen über die Mischung der Zuflüsse in den verschiedenen Regionen. Für die EnergieTakt Karte folgen wir den Autoren von [7], die beim Flow Tracing zwischen zwei Schemata unterscheiden, der sogenannten direkten Kopplung und der aggregierten Kopplung. Da diese in gewisser Weise diametral entgegengesetzt sind und für einige Regionen sehr unterschiedliche Ergebnisse liefern, wie in [7] gezeigt, entscheiden wir uns nicht für eines der beiden Verfahren, sondern wenden beide parallel an und ermöglichen so einen direkten Vergleich.

Das Resultat einer jeden Flow-Tracing-Berechnung ist ein vollständiger Satz von Mischfaktoren \(q_{r_2\rightarrow r}\). Diese geben an, welcher Anteil des Strommix in einer Region \(r\) aus einer weiteren Region \(r_2\) importiert wurde (\(r_2\) kann hierbei auch \(r\) selbst sein). Für jede nahe Region \(r\) und entfernte Region \(r_2\) ergibt sich der Mischfaktor aus der Summe aller Zuflüsse \(F_{r_3\rightarrow r}\) aus den benachbarten Regionen \(r_3\neq r\) jeweils multipliziert mit dem dortigen Mischfaktor \(q_{r_2\rightarrow r_3}\), plus der lokal eingespeisten Elektrizität \(P_r^\mathrm{in}\) if \(r=r_2\), und die Summe daraus geteilt durch die Summe aller Abflüsse \(F_{r\rightarrow r_3}\) in die benachbarten Regionen \(r_3\neq r\) plus der lokal entnommenen Elektrizität \(P_r^\mathrm{out}\),

$$q_{r_2\rightarrow r}=\frac{\delta_{r,r_2}P_r^\mathrm{in}+\displaystyle\sum_{r_3\neq r}q_{r_2\rightarrow r_3}F_{r_3\rightarrow r}}{P_r^\mathrm{out}+\displaystyle\sum_{r_3\neq r}F_{r\rightarrow r_3}}.$$

Dabei gilt stets \(\sum_{r_2}q_{r_2\rightarrow r}=1\). Aus diesen Mischfaktoren folgt ein Satz von Herkunftsfaktoren \(\sigma_{r_2\rightarrow r}\). Diese geben an, welcher Anteil des in Region \(r\) verbrauchten Stroms in Region \(r_2\) produziert wurde (hier kann \(r_2\) auch wieder \(r\) selbst sein). Es gilt ebenfalls, dass \(\sum_{r_2}\sigma_{r_2\rightarrow r}=1\). Inwiefern sich die Mischfaktoren von den Herkunftsfaktoren unterscheiden bzw. wie diese mathematisch zusammenhängen hängt vom gewählten Flow-Tracing-Schema ab und wird im Folgenden erläutert.

Direkte Kopplung

Im Schema der direkten Kopplung wird angenommen, dass die lokale Erzeugung in jeder Region direkt an das Netzwerk der interregionalen Verbindungen angeschlossen ist, d.h., die lokal eingespeiste Elektrizität in einer Region \(r\) wird als identisch zur Gesamterzeugung in dieser Region angenommen,

$$P_r^\mathrm{in}=G_r^\mathrm{tot}=\sum_\tau G_r^\tau.$$

Analog wird angenommen, dass die in Region \(r\) entnommene Elektrizität identisch mit dem dortigen Gesamtverbrauch ist,

$$P_r^\mathrm{out}=C_r.$$

Nun da alle Variablen zugeordnet sind, kann die definierende Gleichung der Mischfaktoren als lineare Gleichung für jede Region \(r\) und weitere Region \(r_2\) umgeschrieben werden,

$$\left(C_r+\sum_{r_3\neq r}F_{r\rightarrow r_3}\right)q_{r_2\rightarrow r}+\sum_{r_3\neq r}\left(-F_{r_3\rightarrow r}\right)q_{r_2\rightarrow r_3}=\delta_{r,r_2}G_r^\mathrm{tot}.$$

Zusammen mit der Bedingung \(\sum_{r_2}q_{r_2\rightarrow r}=1\) für jede Region \(r\) ergibt sich ein lineares Gleichungssystem, welches gelöst wird um die Mischfaktoren \(q_{r_2\rightarrow r}\) zu erhalten.

Im letzten Schritt werden die Herkunftsfaktoren \(\sigma_{r_2\rightarrow r}\) aus den Mischfaktoren \(q_{r_2\rightarrow r}\) bestimmt. Da die entnommene Elektrizität in jeder Region \(r\) als identisch zum dortigen Gesamtverbrauch angenommen wird, sind die Herkunftsfaktoren für den in Region \(r\) verbrauchten Strom gerade gleich den Mischfaktoren in \(r\),

$$\sigma_{r_2\rightarrow r}=q_{r_2\rightarrow r}.$$

Aggregierte Kopplung

Im Schema der aggregierten Kopplung wird angenommen, dass nur der aggregierte Netto-Export oder Netto-Import einer Region an das Netzwerk der interregionalen Verbindungen angeschlossen ist, d.h., die in einer Region \(r\) eingespeiste Elektrizität wird als identisch zum Netto-Export dieser Region angenommen,

$$P_r^\mathrm{in}=\operatorname{EX}_r=\max\{G_r^\mathrm{tot}-C_r,0\}.$$

Analog wird angenommen, dass die in \(r\) entnommene Elektrizität identisch zum Netto-Import der Region ist,

$$P_r^\mathrm{out}=\operatorname{IM}_r=\max\{C_r-G_r^\mathrm{tot},0\}.$$

Es ist zu beachten, dass eine Region stets nur entweder Netto-Exporteur oder Netto-Importeur ist, und daher stets nur eine der beiden Größen von Null verschieden. Nun da alle Variablen zugeordnet sind, wird wieder die definierende Gleichung der Mischfaktoren als lineare Gleichung für jede Region \(r\) und jede weitere Region \(r_2\) umgeschrieben,

$$\left(\operatorname{IM}_r+\sum_{r_3\neq r}F_{r\rightarrow r_3}\right)q_{r_2\rightarrow r}+\sum_{r_3\neq r}\left(-F_{r_3\rightarrow r}\right)q_{r_2\rightarrow r_3}=\delta_{r,r_2}\operatorname{EX}_r.$$

Zusammen mit der Bedingung \(\sum_{r_2}q_{r_2\rightarrow r}=1\) für jede Region \(r\) ergibt sich wieder ein lineares Gleichungssystem, das gelöst wird um die Mischfaktoren \(q_{r_2\rightarrow r}\) zu erhalten.

Im letzten Schritt werden die Herkunftsfaktoren \(\sigma_{r_2\rightarrow r}\) aus den Mischfaktoren \(q_{r_2\rightarrow r}\) ermittelt. Da die eingespeiste und entnommene Elektrizität in jeder Region \(r\) als unterschiedlich von der dortigen Gesamterzeugung und Gesamtverbrauch angenommen wird, sind die Herkunftsfaktoren der in Region \(r\) verbrauchten Elektrizität nicht identisch mit den Mischfaktoren in \(r\). Sie ergeben sich stattdessen durch

$$\sigma_{r\rightarrow r}=\begin{cases}1 & \text{if }G_r^\mathrm{tot}\geq C_r,\\ \displaystyle\frac{G_r^\mathrm{tot}}{C_r} & \text{otherwise},\end{cases}$$

$$\sigma_{r_2\neq r\rightarrow r}=\begin{cases}0 & \text{if }G_r^\mathrm{tot}\geq C_r,\\ q_{r_2\rightarrow r}\cdot\displaystyle\frac{\operatorname{IM}_r}{C_r} & \text{otherwise}.\end{cases}$$

Berechnung der Emissionsintensitäten

Bei der Ermittlung der regionalen THG-Emissionsintensität kann entweder nur die lokale Erzeugung in einer Region berücksichtigt werden, wobei man zu einem mittleren erzeugungsbasierten Emissionsintensitätswert gelangt, oder es wird zusätzlich der interregionale Austausch dieser Region mit ihren Nachbarn berücksichtigt, wobei man einen mittleren verbrauchsbasierten Emissionsintensitätswert erhält.

Erzeugungsbasiert

Die mittlere erzeugungsbasierte Emissionsintensität \(\varepsilon_r^G\) in einer Region \(r\) ergibt sich aus der Mittelung der Emissionsfaktoren \(\varepsilon_r^\tau\) der verschiedenen Erzeugungsarten in dieser Region, gewichtet nach der jeweiligen Erzeugung \(G_r^\tau\),

$$\varepsilon_r^G=\frac{\displaystyle\sum_\tau\varepsilon_r^\tau\cdot G_r^\tau}{\displaystyle\sum_\tau G_r^\tau}.$$

Bei dieser Berechnungsmethode wird vereinfachend davon ausgegangen, dass alle Kraftwerke einer bestimmten Erzeugungsart die gleiche Menge an Emissionen pro erzeugter Elektrizitätsmenge freisetzen, sodass mögliche Unterschiede zwischen verschiedenen Kraftwerken vernachlässigt werden. Die ermittelten erzeugungsbasierten Emissionsintensitäten sind völlig unabhängig von der obigen Flow-Tracing-Berechnung. Die von uns verwendeten Emissionsfaktoren sind nachstehend aufgeführt.

Emissionsfaktoren

Gegenwärtig verwenden wir für jede Erzeugungsart einen einzigen Emissionsfaktor für sämtliche betrachteten Regionen, d.h., wir vernachlässigen Unterschiede zwischen Kraftwerken in den verschiedenen Regionen. Die Emissionsfaktoren wurden geschätzt und veröffentlich durch das Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) [8] und die United Nations Economic Commission for Europe (UNECE) [9]. Es handelt sich dabei um sogenannte Lebenszyklusemissionsfaktoren, d.h., es werden nicht nur direkte Emissionen bei der Stromerzeugung sondern auch Emissionen bei Bau, Inbetriebnahme und Stilllegung der jeweiligen Kraftwerke berücksichtigt; des Weiteren werden nicht nur Emissionen von Kohlenstoffdioxid (CO2) betrachtet sondern auch von anderen Treibhausgasen (THG) wie Methan.

Für manche Erzeugungsarten geben die Berichte des IPCC [8] und der UNECE [9] signifikant unterschiedliche Werte an oder mehrere verschiedene Werte, die jeweils einer Unterklasse von Kraftwerken innerhalb der betrachteten Erzeugungsart entsprechen. In diesen Fällen haben wir eine eigene Schätzung anhand der in den Berichten genannten Wertebereiche vorgenommen. Die finalen, von uns verwendeten Werte sind in der nachfolgenden Tabelle gelistet.

ErzeugungsartEmissionsfaktorQuelle
Biomasse230 gCO2eq/kWh[8]
Braunkohle1100 gCO2eq/kWhSchätzung basierend auf [9]
Erdgas500 gCO2eq/kWhSchätzung basierend auf [8], [9]
Steinkohle850 gCO2eq/kWhSchätzung basierend auf [8], [9]
Geothermie38 gCO2eq/kWh[8]
Wasserkraft24 gCO2eq/kWh[8]
Kernenergie5 gCO2eq/kWh[9]
Sonstige700 gCO2eq/kWhSchätzung basierend auf Kohle und Gas
Sonstige Erneuerbare100 gCO2eq/kWhSchätzung basierend auf Biomasse, Wind und Solar
Solar35 gCO2eq/kWhSchätzung basierend auf [8], [9]
Wind Offshore12 gCO2eq/kWh[8]
Wind Onshore11 gCO2eq/kWh[8]
Tabelle: Die von uns verwendeten Emissionsfaktoren mit der jeweiligen Quelle.

Verbrauchsbasiert

Die mittlere verbrauchsbasierte Emissionsintensität \(\varepsilon_r^C\) in einer Region \(r\) ergibt sich aus der Mittelung der erzeugungsbasierten Emissionsintensitäten \(\varepsilon_{r_2}^G\) in allen Regionen \(r_2\), gewichtet nach dem jeweiligen Herkunftsfaktor \(\sigma_{r_2\rightarrow r}\),

$$\varepsilon_r^C=\sum_{r_2}\varepsilon_{r_2}^G\cdot\sigma_{r_2\rightarrow r}.$$

Da sich aus dem direkten und aggregierten Kopplungsschema beim Flow Tracing unterschiedliche Herkunftsfaktoren ergeben, erhalten wir auch zwei verschiedene verbrauchsbasierte Emissionsintensitäten für jede Region.

Speicher

Der einzige Typ von Elektrizitätsspeicher, für den gegenwärtig Daten zur Verfügung stehen, sind Pumpspeicher. In den obigen Berechnungsschritten werden Speicher stets entweder als Erzeugungseinheit betrachtet, wenn sie Elektrizität produzieren, oder als zusätzliche Last, wenn sie Strom verbrauchen (d.h., wenn der Speicher geladen wird). Folglich verbrauchen die Speichereinheiten auch einen Teil der Emissionen gemäß der verbrauchsbasierten Emissionsintensität in ihrer Region. Um zu verhindern, dass auf diesem Weg Emissionen in der Berechnung verloren gehen, ist es erforderlich, den Speichern bei der Stromerzeugung die so aufgenommenen Emissionen wieder zuzuordnen. Hierzu wird der Stromerzeugung der Speicher ein normaler Emissionsfaktor zugewiesen. Die die verbrauchsbasierten Emissionsintensitäten in verschiedenen Regionen stark variieren, ist es notwendig, für jede Region einen eigenen Emissionsfaktor für die Stromerzeugung von Speichern zu verwenden.

Die Emissionsfaktoren der Stromerzeugung aus Speichern werden als jährlich gemittelte verbrauchsbasierte Emissionsintensität in der jeweiligen Region bestimmt, gewichtet entweder nach dem Speicherstromverbrauch, wenn hierfür Daten verfügbar sind, oder alternativ nach dem Gesamtverbrauch in der Region. Zusätzlich rechnen wir mit einer Speichereffizienz von 80%. Für das aktuelle Jahr werden die Emissionsfaktoren aus dem Vorjahr verwendet.

Diskussion & Vorbehalte

Unvollständige oder fehlende Eingangsdaten

Sowohl nahe-Echtzeit als auch historisch gibt es viele Unvollständigkeiten und Fehlstellen in den Eingangsdaten. Das obige Bilanzierungsverfahren korrigiert zwar auf sinnvolle Weise die allgemein erwarteten (kleineren) Unstimmigkeiten, ist aber weder gedacht noch geeignet um größere Fehler in den Eingangsdaten zu beheben. Um unrealistische Korrekturen durch das Bilanzierungsverfahren zu vermeiden, schließen wir daher in einem ersten Schritt alle Regionen von der Berechnung aus, für die entweder keine Erzeugungs- oder keine Lastdaten (oder keine von beiden) gemeldet wurden. Wenn jedoch Daten zur interregionalen Stromübertragung gemeldet sind, beziehen wir die betroffenen Region dennoch als Netzknoten in die Berechnung mit ein, der dann jedoch nur durch die interregionalen Flüsse bilanziert wird. Sobald Erzeugungs- und Lastdaten ungleich Null vorliegen, wird die betroffene Region wieder vollständig miteinbezogen.

Neben dem Fall, dass Daten vollständig fehlen, sind auch diverse Kombinationen von unvollständigen Daten erwartbar. Da dies algorithmisch schwer zu erkennen ist, wird die betroffene Region weiterhin normal in die Berechnung inkludiert, wobei das Bilanzierungsverfahren bei Bedarf durchaus größere Korrekturen vornimmt. Wir haben aber eine grobe Integritätsprüfung eingebaut, die die schwerwiegendsten Fälle von Unvollständigkeit erkennt und die betroffenen Daten kennzeichnet (die EnergieTakt Karte zeigt in diesem Fall ein Warnzeichen an). Aufgrund der größeren Korrekturen durch das Bilanzierungsverfahren können jedoch auch benachbarte Regionen betroffen sein, was nicht explizit gekennzeichnet wird.

Untererfasste Erzeugungsdaten

Ein weiterer, wichtiger Unsicherheitsfaktor ist die mögliche Untererfassung von Erzeugungsdaten für bestimmte Regionen und Erzeugungsarten. Ein nennenswertes Beispiel ist die Schweiz, wo die Erzeugungsdaten für Solar- und Windenergie in der Regel mit mehrtägiger Verspätung gemeldet werden und die gemeldete Erzeugungs aus Wasserkraft – obwohl sie in der Regel zeitnah erfolgt – deutlich unter den Zahlen liegt, die sich aus den jährlichen Veröffentlichungen der offiziellen Behörden ergeben. Die Diskrepanz ist wahrscheinlich darauf zurückzuführen, dass ein großer Teil der Schweizer Wasserkrafterzeugung aus kleinen Kraftwerken mit einer installierten Leistung von weniger als 100 MW stammt. Diese Anlagen sind nicht verpflichtet, ihre stündliche Erzeugung an den Schweizer Übertragungsnetzbetreiber Swissgrid zu melden. Folglich ist die Erzeugung dieser kleinen Kraftwerke, obwohl sie einen großen Teil der Schweizer Stromerzeugung aus Wasserkraft ausmacht, nicht in den stündlichen Erzeugungsdaten enthalten, die über die ENTSO-E TP gemeldet werden, was zu einer unvollständigen Darstellung des tatsächlichen Erzeugungsprofils der Schweiz führt. Ähnliche Probleme der Untererfassung gibt es in ganz Europa, insbesondere bei Erzeugungsarten, bei denen ein großer Anteil der Elektrizität in kleinen Einzelanlagen erzeugt wird, wie z.B. bei Wasserkraft und Erdgas.

Prinzipiell könnte man das Problem der untererfassten Erzeugungsdaten angehen, indem man die von der ENTSO-E TP abgerufenen Daten mit Hilfe zusätzlicher aggregierter Daten aus anderen Quellen, z.B. von Behörden, vorkorrigiert. Dieser Ansatz könnte dazu beitragen, die Lücke zu schließen, die durch nicht gemeldete kleinere Kraftwerke entsteht. Allerdings würden solche Korrekturen zusätzliche Unsicherheiten schaffen, da die genaue zeitliche Verteilung der nicht gemeldeten Erzeugung über das Jahr unklar ist. Daher werden in der EnergieTakt Karte derzeit keine solchen Korrekturen vorgenommen. Stattdessen stützen wir uns ausschließlich auf das oben erläuterte Bilanzierungsverfahren, das in den betroffenen Regionen in der Regel zu einer deutlichen Korrektur der Last nach unten führt. Diese Methode vermeidet zwar die Einführung weiterer Unsicherheiten, kann aber manchmal zu sehr niedrigen und unrealistischen Lastkurven führen, wie in Ländern wie der Schweiz und Slowenien zu beobachten ist.

Nicht erfasste Regionen und Inseln

Stromimporte und -exporte, die über den europäischen Kontinent hinausgehen, werden in der EnergieTakt Karte derzeit nicht berücksichtigt. Konkret sind die folgenden Außenhandelsrouten gegenwärtig ausgeschlossen: Spanien nach Marokko; Türkei nach Armenien, Georgien, Iran, Irak, und Syrien; sowie alle Verbindungen nach Belarus und Russland. Diese Ausschlüsse können zu einer gewissen Ungenauigkeit führen, da die grenzüberschreitenden Stromflüsse mit diesen Ländern die Energiebilanz und Emissionsintensität in den jeweiligen Anrainerregionen erheblich beeinflussen können. Dennoch scheint das Bilanzierungsverfahren die Ausschlüsse in den Grenzregionen bisher recht gut zu kompensieren, sodass im Allgemeinen keine systematischen Abweichungen in den endgültigen Erzeugungs- und Lastdaten erkennbar sind – selbst in den baltischen Staaten, wo der Austausch mit Belarus und Russland im Vergleich zu lokaler Erzeugung und Verbrauch erheblich sein kann.

Darüber hinaus sind mehrere kleinere Inseln und Inselgruppen, darunter Malta, Korsika, die Balearen, die Orkney-Inseln und mehrere Inseln in der Ostsee, nicht in der EnergieTakt Karte enthalten. Diese Ausschlüsse können prinzipiell auch zu Ungenauigkeiten führen, allerdings sind die dortigen Stromflüsse im Vergleich zur typischen lokalen Erzeugung und Verbrauch in den jeweiligen Nachbarregionen (d.h. Italien, Spanien, Großbritannien, Schweden und Finnland) relativ gering.

Quellenangaben

[1] ENTSO-E Transparency Platform. https://transparency.entsoe.eu/
[2] National Grid ESO Data Portal. https://www.nationalgrideso.com/data-portal
[3] Elexon BMRS. https://bmreports.com/
[4] EirGrid Smart Grid Dashboard. https://smartgriddashboard.com/
[5] EPİAŞ Transparency Platform. https://seffaflik.epias.com.tr/
[6] J. A. de Chalendar, S. M. Benson. A physics-informed data reconciliation framework for real-time electricity and emissions tracking. Applied Energy 304, 117761 (2021). https://doi.org/10.1016/j.apenergy.2021.117761
[7] M. Schäfer, B. Tranberg, D. Jones, A. Weidlich. Tracing carbon dioxide emissions in the European electricity markets. 17th International Conference on the European Energy Market (2020). https://doi.org/10.1109/EEM49802.2020.9221928
[8] S. Schlömer, T. Bruckner, L. Fulton, E. Hertwich et al. Annex III: Technology-specific cost and performance parameters. Climate Change 2014: Mitigation of Climate Change. Contribution of Working Group III to the Fifth Assessment Report of the Intergovernmental Panel on Climate Change (2014). https://www.ipcc.ch/site/assets/uploads/2018/02/ipcc_wg3_ar5_annex-iii.pdf
[9] United Nations Economic Commission for Europe. Carbon Neutrality in the UNECE Region: Integrated Life-cycle Assessment of Electricity Sources. (2022). https://unece.org/sites/default/files/2022-04/LCA_3_FINAL%20March%202022.pdf

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